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01.12.2017

Der Goldene Schwarm. Oder: Von Schurken und Klischees

Ich habe zum Herbstanfang einen kleinen Ausflug ins Steampunk-Genre unternommen und mit dem dicksten Wälzer angefangen, der sich finden ließ: Der Goldene Schwarm von Nick Harkaway, einem Autor, der mir noch nicht untergekommen war und den ich daher entspannt in der deutschen Übersetzung wahrnehmen konnte.;-)

Joe Spork, meisterhafter Uhrmacher und Sohn der Londoner Gangsterlegende Mathew „Tommy Gun“ Spork, führt ein ruhiges Leben weit weg vom kriminellen Erbe seines Vaters. Edie Banister, neunzigjährige Spezialagentin im Ruhestand, führt ebenfalls ein ruhiges Leben und verabscheut jede Sekunde davon. Doch dann setzt Joe eine Weltuntergangsmaschine in Gang, und ihre Wege kreuzen sich. Plötzlich müssen sie sich gegen zwielichtige Regierungsvertreter, wenig fromme Mönche und einen diabolischen asiatischen Diktator verbünden. Schon bald wird klar: Um die drohende Katastrophe abzuwenden, muss Edie eine alte Rechnung begleichen. Und Joe sich seiner Vergangenheit stellen…
Ich hatte ja angekündigt, dass man sich bei diesem Buch nochmal über ins Absurde überzogene Klischees unterhalten muss und Oh Boy muss man das! Der Klappentext ist da noch recht verhalten, aber wer auf naheliegende Plots und realistische Wendungen steht, der ist hier mal ganz falsch - man sollte eher vielleicht eine Nostalgische Freude an Dingen wie Flash Gordon mitbringen, oder den weniger düsteren Bond Filmen.;-)
So ziemlich alles in der Geschichte, um die es eigentlich geht, ist überzogen, angefangen von der Spionageschule in einem Ever-Moving-Zug, bis zum Opium-Khan-Asia-Klischee-Bösewicht mit seiner IndianaJones2-Dunklen Festung und den Deus-Ex-Machina Plotpoints - gerettet durch einen Baby-Kriegselefanten, ich sag's nur schonmal...
Aber, wie das immer so ist, manchmal sind diese Art von Parodien und Absurditäten ziemlich amüsant und sobald die Story mal in Fahrt kommt und es dann endlich tatsächlich mal um den Goldenen Schwarm geht, wird das auch spannend.

Das bringt mich zu einem von zwei Problemen, die ich mit dem Buch hatte: Die Daddy-Familien-Issues des Hauptcharakters nehmen gerade am Anfang einen so großen Raum ein, dass man sich durch die ersten hundert Seiten oder so wirklich durchrobben muss. Ich hatte erst vermutet, dass es vielleicht am Titel liegt, aber der Originaltitel Angelmaker ist eigentlich sogar noch schlimmer, weil den versteht man erst noch viel später in der Story.
Es weckt eben eine Erwartungshaltung worum es geht, die auch an sich berechtigt ist, nur fängt dieser Teil der Geschichte eben erst an, nachdem wir Joe ziemlich lange dabei zugeschaut haben, wie er sein langweiliges Ich-will-nicht-mein-Daddy-sein-Leben führt. Vielleicht zuviel Realismus für eine Geschichte über mechanische Weltvernichtungs-Apokalypse-Bienen...?

Es wird evt. dadurch schlimmer, dass Problem Nummer 2 ist: Viele der Figuren reden zuviel.
Es ist ein flaw, der leider auch in den späteren Pratchetts immer wieder auftaucht - eine Figur tritt auf und statt eines Dialogs, tritt man in Austausch ewiger Monologe. Also nicht: "Wir werden sie umbringen.", sondern "Oh mein lieber Herr Sowieoso, wie sie sicher wissen, oder wissen könnten, wenn sie unsere Pamphlete aufmerksamer gelesen hätten, sind wir Experten darin Menschen nachhaltig in ihrer Lebensführung einzuschränken. Wenn Sie also in Betracht ziehen wollten, dass wir Ihnen diese Behandlung ebenfalls angedeihen lassen wollten, könnten wir schonen Schritt weiter sein, nicht wahr Charakter B?"
Ich übertreibe nur unwesentlich und meistens folgt dann nochmal derselbe Sermon von Bösewicht B. Als kleiner Peckadillo eines einzelnen Charakters mag das noch ertragbar sein, aber in diesem Buch gibt es gleich Mehrere davon und das fürht dazu, dass man gerade anfangs das Buch machmal brutal schütteln will, damit die Leute endlich zum Punkt kommen, Gedärme fliegen und Dinge explodieren.;-)

Ich konnte mich davon gerade noch abhalten und den großen Showdown kann der Autor dann auch wieder, no-stops-Chaos und so. Von daher finde ich 3,5 von 5 Goldbienen völlig gerechtfertigt, mit 80Seiten weniger hätte es mir evt. noch besser gefallen, aber maybe that's just me.;-)

1 Kommentar:

  1. Ach du dickes Ei. Das ist so dieses Phänomen 'Wenn Autor_innen sich selber zu gern reden hören weil sie sich für sooooo clever halten', oder?
    Das geht mir auch immer derbe auf den Senkel. Weil, wie du schon sagst, als Eigenschaft eines Charakters, der sich gern selber zuhört, ist das ja ganz putzig, aber wenn man dran fühlen kann, dass sich die Autorschaft da unfrewillig selbst offenbart... Nicht schön.

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Vielen Dank!